Zentral Mexiko
Ankunft | 19.04.2019 |
Wechsel nach | Süd Mexiko |
Strecke km | 3'912 Auto, davon 112 Schotter, 100 Fähre und 31 zu Fuss |
Der erste Eindruck im zentralen Mexiko war: Hitze! Für mich als eher kälteresistenten Schweizer, ein schon fast schockierendes Erlebnis. Auf der Baja war es ja schon heiss, aber hier zeigte das Thermometer im Bus mal während 2 Std 40°C! Anhalten, aussteigen, Landschaft bewandern sind so kein Vergnügen (mehr). Umso mehr freue ich mich auf die Strasse über die 2700m hohen Pässe, welche Kühlung versprechen. Aber nicht nur das. Die Strecke zwischen Mazatlan und Durango (MEX 40) wurde zu einem Höhepunkt. Es wurde wirklich kühler, am Morgen, auf 2500m, zeigte das Thermometer -2°C. Das habe ich, siehe oben, auch OHNE Standheizung «überlebt». Die Diesel Heizung funktioniert nämlich ab 1600m ü.M. nicht mehr, weil sie zu wenig Sauerstoff erhält. Aber die Aussicht, die klare Luft, die 1000 Kurven, selbst ohne Töff ein Genuss, die laufend wechselnden Bilder, die exotischen Nadelbäume, der Duft der Holzfeuer und nicht zuletzt der kaum vorhandene Verkehr, das war Genuss pur.
Danach folgte das «normale», vielbevölkerte Mexiko auf einer Hochebene um die 2000m ü.M. Das bedeutet, Verkehrschaos pur, jeder fährt Vollgas, hält so gut wie nie, drückt von hinten, Strassenführungen verwirrend, in den Ortschaften hat es Topes, das sind Betonschwellen, quer über die ganze Fahrbahn, ca. 30cm breit und 20 cm hoch, mit 45° angerampt. Wer mit mehr als 30km/h da drüberfährt, muss sein Auto in Einzelteilen, verbogen, zerbrochen, kaputt, wegtragen und flicken oder «furt rüere». Also die beste Geschwindigkeit für meinen Bus ist 15km/h im 2. Gang arüber hoppeln. Diese Topes folgen sich dann durchschnittlich alle 500m. Die zweite Massnahme, die rasenden Mexikaner zu bremsen, sind jämmerliche Strassenbeläge in den Ortschaften. Schlaglöcher, Fahrbahndeckel, manchmal bis 15 cm tiefer als Belag, Risse, Leute im Rollstuhl, spielende Kinder, jammernde Bettler, lustige Balljongleure, Flaggenschwingende Werber und was man sich sonst kaum vorstellen kann, das alles hat es auf der Fahrbahn.
Eine Pause in diesen Ortschaften bietet sich dann regelrecht an. So findet am Strassenrand reihenweise kleine Schattendächer mit Essens Ständen. So kann man für MXN 38 bis 60, also Fr 2 – 3 zwei Tacos mit Beilagen, Salat, Limonen, Saucen, Zwiebeln, Chips und ein Mineral einverleiben. Einmal traf ich auf ein Laden, wo Sandwich Gigantes angeboten werden. Das war unheimlich: ein ½ Pfünderli, halbiert, gefüllt mit: 3 x Fleisch (Paniertes Schnitzel, Pouletbrust, 3 Würstchen), 3 Gemüsen und Käsescheiben. Nach diesem Sandwich hatte ich am Abend keinen Hunger mehr und ass noch ein kleines Salätchen.
Weil es auf 2000m auch heiss ist, sucht man kühle Plätze für den Nachmittag und zum Übernachten. In so einem kleinen Paradies mit Palmen Schatten, Natur Bad und kühlem Wasser, taucht plötzlich die kleine Samantha mit Bruder und zwei Freunden auf und bewundern meinen Bus. Kurz darauf taucht auf Jorge, ihr Vater auf. Er ist Techniker und natürlich auch am Bus interessiert. Natürlich zeige ich ihnen gerne das ganze Auto. Wir unterhalten uns lange, auf English. Jorge gibt mir wertvolle Tipps von schönen Plätzen zum Besichtigen und Übernachten mit.
So fahre ich zu wundervollen Flüssen, sehe rauschende Wasserfälle und wandere durch ein Dschungel Schloss wie im Film von Indiana Jones oder Lara Croft. Ein Engländer, Namens Sir Eduard Johnes, hat hier am Berg ein Beton Schloss mit Wasserfällen, Bächen, Bäumen, Felsen, Lianen, und vielem mehr kombiniert.
Als nächster Höhepunkt folgt der Besuch des Nieve de Toluca. Nieve heisst Schnee und Toluca ist eine Ortschaft. Also, Schneeberge von Toluca. In so einem heissen Land, muss das hoch oben sein. Die Antwort lautet: 4200m.ü.M. Das war schon eine Herausforderung, da hinauf zu fahren. Geht das mit dem Bus überhaupt, oder haucht er plötzlich auf 4000m aus? Es ging! Nun war ich als Mensch gefragt. Den letzten Teil zum Kraterrand muss man selber gehen. Als ich losging, kam mir die Tafel vom Jungfrau Joch Bahnhof in den Sinn, worauf geschrieben steht: Langsam gehen! Das habe ich dann auch brav gemacht. Mein Puls war sowieso auf 130, Atmung auf Keuchen (Es steigt noch etwa 200 Höhenmeter weiter) und eine Pause alle 500m. Aber schlussendlich stand ich auf dem Kraterrand, stolz und glücklich. Ein klein wenig konnte ich das Glücks - Gefühl von den grossen Bergsteigern, wie z. B. Eveline Binsak auf dem Mount Everest, nachvollziehen.
Im Nachgang von diesem grossen Glücksgefühl musste ich jetzt die «Höhenkrankheit» noch abbüssen. Nachdem ich nämlich wieder auf 1800m unten war, wurde mir ein bisschen komisch, leicht übel, viel Durst und am nächsten Tag Dünnpfiff.
Das nächste Abenteuer war technischer Natur. Die Wäsche war wieder einmal fällig. Das erste mal in Lateinamerika. Also fuhr ich mal eine Wäscherei an. Ein netter, beleibter junger Mann, mit einer samtenen lieblichen Stimme (schwul?) fragt mich nach meinen Wäschebedürfnissen. No entiendo (Ich verstehe nix). Aber ich habe gesehen, da wird es klappen. Also gehe ich zum inzwischen auf 50°C aufgeheizten Bus. Da kommt eine Dame vom Waschsalon und spricht auf englisch mit mir. Flugs stehe ich kurz darauf mit meinem Zeug im Salon. Ich werde auf Maschine 14 eingeteilt. Also auf dem Bänklein, mit Blick auf den Sicherungskasten, warten. Hinter mir steht die grösste Maschine im Salon. Die sollte nun angefahren werden. Leider braucht die zu viel Strom und der Sicherungsautomat löst natürlich aus. Die Maschinistin versucht vergeblich zwei drei verschiedene Prozeduren und setzt dabei den Automat zurück. Begleitet natürlich von heftigen elektrischen Funken, welche aus dem offenen Kasten züngeln. Nun muss der Chef her. Er umfasst (!) den Sicherungsautomat, macht eine Spezialprozedur und siehe da, die Maschine läuft. Mein nun auf SUVA getrimmter Blick streift über die Anlage. Die Tumbler werden mit Gas beheizt. Die Flammen tanzen offen, munter über der Maschine. Viele Abdeckungen vor den Waschmaschinen fehlen, wir da hineingreift, kann die Finger an den Antriebsriemen oder der Trommel abreissen lassen. Aber hier sehen alle die Gefahren und sind entsprechend vorsichtig. So gibt es keinen Brand, keine Verletzten und erst noch saubere, fein duftende, trockenen Wäsche.
Nun bin ich also langsam aber sicher auf den lateinamerikanischen Kontinent angekommen.